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Gräser (Poales) Benutzerhinweise

Allgemeine Hinweise zur Benutzung unserer Bestimmungshilfe

Die Bestimmung von Gräsern ist meist keine Lieblingsaufgabe der Botaniker - seien dies Laien oder Profis. Dennoch ist die Beschäftigung mit Gräsern und deren exakte Identifikation eine Aufgabe von großer Bedeutung. Das wird klar, wenn man sich ihren wirtschaftlichen und ökologischen Stellenwert vor Augen führt, wozu man einfach nur aus dem Fenster oder in den Kühlschrank schauen muss.

Die klassische Bestimmungsmethode geht über Bücher, wo man im Idealfall über Alternativabfragen in sogenannten Bestimmungsschlüsseln zum Artnamen gelangt. Leider sind die Merkmale der Gräser aber etwas diffiziler als bei "normalen" Wiesenblumen. Die Sonderbildungen im Blütenbereich sind oft schwer zu interpretieren, die Variabilität enorm, die Teile zudem klein und lupenbedürftig. Wenn man dann bei hoher Irrtumswahrscheinlichkeit über dutzende Entscheidungs-Knoten geführt wird, bleibt das Erfolgserlebnis oft aus und das Interesse verebbt. Dabei kann man auch bei dieser Familie die gleiche Faszination für die spezielle Ästhetik und Biologie entwickeln, wie sie bei den leichter zugänglichen Orchideen oder Kakteen weit verbreitet ist - ganz abgesehen von der schieren Notwendigkeit in der Landwirtschaft und Ökologie.

Unser Naturportal geht einen neuen Weg. Anstelle der linear hintereinander geschalteten Merkmalsabfragen, kann man hier über eine multiple Auswahl diejenigen Merkmale bearbeiten, bei denen man sich sicher ist. Die Zahl der in Frage kommenden Arten schränkt sich dabei rasch ein, und man gelangt letztlich zu einer Übersicht (von Bildern), wo man dann über die jeweiligen Steckbriefe die betreffende Art oder Artengruppe ziemlich sicher bestimmen kann. Bei jedem Steckbrief wird zudem auf ähnliche und verwandte Arten hingewiesen, was für zusätzliche Sicherheit sorgt.

Die Steckbriefe bestehen aus Bildern und Text. Die Bilder wurden überwiegend extra für unser Naturportal angefertigt und zeigen die wesentlichen Merkmalskomplexe, nämlich die Blütenstände, Details der Ährchen und des Laubes. In der Regel ist auch eine schematische Verbreitungskarte enthalten, die unser Bundesland mit seinen Naturräumen zeigt. Je dunkler dabei ein Naturraum dargestellt wird, desto häufiger ist die Art in diesem Gebiet. In weißen Flächen sind keine Vorkommen bekannt.

Der Text beginnt mit einer Kurzcharakterisierung der Art und einer Beschreibung wichtiger Merkmale. Letztere kann und will detaillierte Darstellungen in den einschlägigen Handbüchern nicht ersetzen. Das verbietet schon allein das Format. Hier sei auf die Literaturliste, insbesondere aber auf die minutiöse Darstellung im Handbuch zur Flora Baden-Württembergs (Sebald, Seybold, Philippi, Wörz 1998: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs, Band 7. Ulmer, Stuttgart) verwiesen. Umfänglichere Merkmalsdarstellungen gibt es bei den Steckbriefen nur bei den größeren Gattungen. Hinter den Merkmalen wird gegebenenfalls auf auffällige Variabilität und ähnliche Arten hingewiesen. Es folgt die Angabe der wichtigsten monografischen Literatur.

Für erfahrenere Pflanzenkenner kann der Einstieg über "Systematik" schneller zum Ziel führen, indem man gleich die richtige Gattung aufruft.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, die nachfolgenden Hinweise zur Bestimmung durchzulesen und sich mit den Merkmalen, vertraut zu machen. Auch in den Gattungssteckbriefen gibt es Hinweise zu speziellen Problemen bei den einzelnen Gattungen.

Man kann aber auch einfach loslegen, nimmt dann aber eine höhere Irrtumswahrscheinlichkeit in Kauf.

In jedem Fall landet man am Ende bei einer mehr oder weniger großen Auswahl von Arten, bei der man letztlich Bilder und Steckbriefe vergleichen muss, um zu einem Bestimmungsergebnis auf Artniveau zu kommen. Es ist also (meistens) nicht so, dass bei „richtiger“ Merkmalsauswahl nur noch eine Art übrigbleibt.

Die Merkmale in der linken Auswahlspalte sind schon etwas nach Handhabbarkeit und Güte sortiert. Am einfachsten ist es, den Naturraum auszuwählen, von wo die zu bestimmende Pflanze stammt. Wahrscheinlich handelt es sich auch um eine der ohnehin häufigeren Arten und der Standort, bzw. Biotop ist zuordenbar. Als nächstes sollte man die Wuchsform und Wuchshöhe beurteilen. Ist man sich hier nicht spontan sicher, dann lässt man das aber besser sein. Ebenfalls meist leicht zu beurteilen ist die Behaarung von Blättern oder Stängeln. Etwas fitzeliger, aber meist auch recht eindeutig zu beurteilen, ist das Profil, bzw. die Knospenlage der Blätter. Darüber hinaus kann man sich durch die anderen Merkmale hangeln und dort, wo man sich nicht ganz sicher ist, auch einfach mal verschiedene Alternativen ausprobieren.

Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass nicht jedes Material bestimmbar ist. Das kann viele Gründe haben.

Die Auswahl der Arten beschränkt sich auf die in Baden-Württemberg wildwachsenden Formen. Das sind zum einen die einheimischen Arten, aber auch die etablierten Neophyten. Von den zahlreichen als unbeständig geltenden Arten, wurden nur diejenigen ausgewählt, deren Etablierung im Gange oder zu erwarten ist. Ergänzend wurden auch Arten aufgenommen, die in den angrenzenden Gegenden wildwachsend vorkommen. Mit den meisten Nachbarländern teilt sich Baden-Württemberg auch Naturräume. Das ist vor allem mit Rheinland-Pfalz, der Nordschweiz, Hessen, Bayern und dem Elsass der Fall. Rein alpine Arten wurden jedoch nicht aufgenommen.

Die Nomenklatur orientiert sich an den modernen Monografien, die jeweils im Steckbrief genannt werden. Sie folgt also keiner "Standardliste" und verwendet ausschließlich Kategorien des ICNafp 2018 (Internationale Code der Nomenklatur für Algen, Pilze und Pflanzen). Sie enthält damit keine Behelfskategorien wie "agg.", "s.l." und dergleichen. Stattdessen wird das Sippenkonzept konservativ gehalten. Unsichere Taxa, deren Bestimmung oft Probleme macht, werden soweit möglich auf infraspezifische Kategorien (Subspecies, Variante) gelegt. Dort wo die nomenklatorischen Voraussetzungen für eine derartige Herangehensweise fehlen, empfehlen wir bei Unsicherheiten die Verwendung von definierten Sektionsnamen, also z.B. "Festuca sect. Festuca" anstelle eines was auch immer umfassenden "Festuca ovina agg.".

Besondere Werkzeuge sind für die Beschäftigung mit Gräsern nicht von Nöten. Eine Lupe kann aber in vielen Fällen hilfreich sein. Einige wenige Arten lassen sich allerdings nur mit Mikroskop und Stereolupe sicher ansprechen. Bei der Freilandarbeit sind also entsprechend Plastiktüten oder andere wasserdichte Behältnisse mitzuführen, damit man die Pflanzen in einigermaßen gutem Zustand zuhause weiter untersuchen kann. Möchte man seine Funde, bzw. Ergebnisse weitergeben, so sollte man sich seiner Bestimmung sicher sein. Gerade bei bemerkenswerten oder "schwierigen" Arten sollte man daher stets Herbarbelege anfertigen. Auch Fotobelege können geeignet sein, erfordern aber eine gute Kenntnis der abzubildenden Strukturen und vor allem eine Kamera mit besonderen Makroeigenschaften. Wichtig ist auch die Dokumentation des Wuchsortes nach dem Schema Was-Wer-Wann-Wo. Für das "Wo" können Kartenausschnitte oder geografische Koordinaten herangezogen werden, die im praktischsten Fall die Kamera bei der Auslösung gleich mit erfasst.

Über die Mitteilung von Daten freut sich jedenfalls die Zentralstelle für die Floristische Kartierung Baden-Würtembergs ( http://www.flora.naturkundemuseum-bw.de/ ), die auch zahlreiche weitere Hilfestellungen bietet.

Die für den Schlüssel herangezogenen Merkmale besitzen eine unterschiedliche Güte, worauf jeweils am Ende des Absatzes hingewiesen wird. Viele Arten können zudem unterschiedliche Ausprägungen eines Merkmales besitzen. In diesen Fällen sind sie unter allen bekannten Alternativen verschlüsselt, und gerne gemachte Fehler sollten auch abgefangen werden.

Häufigkeit

Befindet man sich an einem normalen Standort, also nicht gerade an Felsen oder an anderen Standorten, wo "Seltenheiten" zu erwarten wären, so kann es sinnvoll sein, die Auswahl zunächst auf häufige und weit verbreitete Arten zu beschränken. Wird man hier nicht fündig, so kann man die Suche auf seltenere Arten ausweiten (indem man bei diesen Auswahlfeldern keine Einschränkungen vornimmt).

Verbreitung in Baden-Württemberg

Nicht alle Gräser sind aus jedem Teil von Baden-Württemberg bekannt (Neuentdeckungen sind aber möglich). Es ist dementsprechend sinnvoll, wenn man z.B. als Botaniker am Oberrhein die ausschließlich im Hochschwarzwald vorkommenden Arten ausblendet.

Blütenstand

Die einzelnen Blüten der Gräser sitzen dicht gedrängt und ungestielt in den Achseln der Deckspelzen und bilden zu mehreren ein Ährchen. Die Ährchen sind ihrerseits oft gestielt und treten zu komplexen Blütenständen (besser: Ährchenständen) zusammen. Für die Bestimmung wichtig ist die Länge der Stiele im Ährchenstand und letzlich die Form desselben. Die Bestimmung des Merkmales ist normalerweise einfach.

Ährchen, Zahl der Blüten

Die einzelnen Blüten der Gräser entsprechen dem üblichen Bauplan. Sie sind meist zwittrig, besitzen also innerhalb der Hüllblätter Staubblätter (meist 3) und einen Fruchtknoten (mit 2 Narbenästen). Die Blütenhülle ist entsprechend der Anpassung an Windbestäubung unauffällig. Der äußere Teil ist die meist häutige Vorspelze, der innere ist zu Schwellkörpern umgebildet, die zur Be- und Entstäubung die Spelzen auseinander stemmen. Sie sitzen in den Achseln der (oft begrannten) Deckspelzen. Die Deckspelzen sind meist die auffälligsten Blütenteile. Einzeln oder dachziegelartig hintereinander angelegt, bilden sie ein Ährchen. Das Ährchen wird an der Basis zusätzlich noch von (meist) zwei weiteren Spelzen umfasst, den Hüllspelzen. Die Größen der Ährchen sind sehr unterschiedlich, wie auch die Zahl der darin enthaltenen Blüten. Im einfachsten Fall sind die Ährchen einblütig oder enthalten zusätzlich zu einer zwittrigen Grundblüte noch ein oder zwei männliche oder sterile Blütchen. Oft sind die Ährchen aber mehrblütig, was über das Abzählen der Deckspelzen (oder ihrer Grannen) leicht möglich ist. Man zähle hierbei die beiden, meist deutlich anders gestalteten Hüllspelzen nicht versehentlich mit. Die Bestimmung des Merkmales ist normalerweise einfach.

Grannenlänge

Die Deckspelzen, seltener die Hüll- oder Vorspelzen, vieler Grasarten besitzen pfriemliche Fortsätze, die als Grannen bezeichnet werden. Sie dienen in der Regel der Fruchtausbreitung. Die Bestimmung des Merkmales ist normalerweise einfach.

Grannenansatz

Die Grannen sind nicht notwendigerweise eine einfache Fortsetzung der Spelzen, sondern können auch unterhalb der Spitze inserieren. Die Bestimmung des Merkmales setzt oft eine Lupe und etwas Präparationsgeschick voraus.

Blütezeit

Jede Grasart besitzt ihre spezifische Blütezeit. Ganz grob kann man eine Trennung nach Früh- und Spätblühern vornehmen, je nachdem, ob eine Art vor der üblichen Heuernte (Juni) oder danach blüht. Dessen ungeachtet gibt es auch bei den Frühblühern, je nach Witterrung immer ein paar Nachzügler oder Irrläufer, die mitunter noch im Herbst ein paar Blühhalme treiben. Umgekehrt gibt es aber kaum Spätblüher, die sich ins Frühjahr verirren, keimen doch viele der oft einjährigen Arten nicht vor Mai. Dementsprechend ist die Anwendung des Merkmals nicht immer sicher.

Wuchsform, Lebenszyklus/Ausläuferbildung

Die Wuchsform bei Gräsern beschreibt die Anordnung der Triebe. Die Triebe können dabei büschelig oder einzeln und/oder am Ende von Ausläufern stehen. Dichte Büschel mit Blättern und Halmen werden als Horste bezeichnet. Außerdem spielt eine Rolle, ob die Pflanzen einjährig (annuell) sind, also alle Triebe Blütenstände hervorbringen und die Pflanze mit der Fruchtreife abstirbt (wie bei den Getreidegräsern) oder ob die Pflanze neben den Blühhalmen stets auch (überwinternde) sterile Triebe besitzt (wie bei vielen Wiesengräsern). Viele Arten bilden bei der Ansiedelung, z.B. auf einem Brachgrundstück zunächst Büschel und bilden dann erst, abhängig von Bodeneigenschaften und Witterrung mehr oder weniger lange Ausläufer. Man sollte im Zweifel mehrere Pflanzen anschauen und das Alter des Bestandes sowie mögliche Einflüsse der Mahd (begünstigt Ausläuferbildung) oder Brache (begünstigt Horstwachstum) berücksichtigen. Dementsprechend ist die Anwendung des Merkmals nicht immer sicher und oft nur mit etwas Erfahrung anwendbar.

Wuchshöhe

Die individuelle Wuchshöhe ist sehr variabel und hängt z.B. vom Ernährungszustand, der Witterung und vielen anderen äußeren Faktoren ab. Dennoch variieren die Arten innerhalb eines gewissen Bereiches. Hierfür sind die überwiegenden Verhältnisse eines Bestandes blühender oder fruchtender Pflanzen heranzuziehen. Bei Trockenheit, außerhalb der Hauptblütezeit, Bodenverdichtung etc. kann die typische Wuchshöhe erheblich unterschritten werden und es gibt Arten, z.B. die Hühnerhirse, die von niederliegend (in Pflasterritzen) bis übermannshoch (am Rand vom Maisfeld) alle Größenklassen bedienen. Dementsprechend ist die Anwendung des Merkmals nicht immer sicher und oft nur mit etwas Erfahrung anwendbar.

Blattgestalt, Blattspreite Querschnitt/Knospenlage

Die Blattgestalt, insbesondere die Blattspreite bietet eine Reihe gut erkennbarer Merkmale. Im Extremfall ist das Blatt so schmal (gefaltet oder eingerollt), dass es ohne Lupe borstlich oder haarähnlich erscheint. Die meisten Gräser haben aber ausgebreitete, lineal- oder schwertartige Blätter mit deutlich erkennbarer Ober- und Unterseite. Das jüngste, gerade austreibende und noch nicht entfaltete Blatt ist dabei in charakteristischer Weise "verpackt": Es kann nämlich über eine Kante eingerollt sein, oder es ist (wie bei einem Buch) die Blattoberseite entlang der Mittelrippe gegeneinander gefaltet. Insbesondere bei Welke oder Trockenheit können sich die Blätter wieder in eine knospenähnliche Lage zurückfalten. Die Bestimmung des Merkmales ist aber normalerweise einfach.

Blattgestalt, Blattscheide

Die Blattscheide umhüllt als unterer Teil des Blattes den oberwärtigen Halm. Gegenüber der Blattspreite kann sie röhrenartig ausgebildet oder mit freien, +/- übereinandergeschlagenen Rändern versehen sein. Zu beachten ist, dass röhrige Blattscheiden aufgrund äußerer Einflüsse, mitunter auch bei der Präparation einreißen können. Die Bestimmung des Merkmales ist normalerweise einfach, setzt in manchen Fällen aber den Einsatz einer Lupe und etwas Präparationsgeschick voraus.

Blattgestalt, Ligula

Am Übergang von Blattscheide zur Spreite befindet sich bei vielen Gräsern ein zungenartiges, häutiges Gebilde, das als Blatthäutchen oder Ligula bezeichnet wird. Es dient der Knospenführung und ist besonders bei zartblättrigen Gräsern gut entwickelt. Die Bestimmung des Merkmales ist normalerweise einfach.

Blattbehaarung

Die Behaarungsmerkmale können ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Haare sind im offensichtlichsten Fall relativ lang (über 1mm) und wimperartig abstehend, oder sie bilden im anderen Extrem einen kaum 0,1 mm hohen dünnen Flaum. Haarlänge und Dichte sind für die folgende Zuordnung aber egal. Oft sind Blattspreiten gegen die Basis dichter behaart, oder von mehreren einander folgenden Blattscheiden sind die oberen (jüngeren) zunehmend spärlicher mit Haaren besetzt. Die Zuverlässigkeit von Behaarungsmerkmalen ist etwas eingeschränkt. Bei einigen Gattungen, z.B. Agrostis, Poa sind die Verhältnisse ziemlich konstant. Bei anderen Gattungen, z.B. Calamagrostis, Bromus, Panicum besitzen sie eher Regelcharakter, d.h., mit Ausnahmen ist zu rechnen. Dementsprechend ist die Anwendung des Merkmals nicht immer sicher und oft nur mit etwas Erfahrung anwendbar.

Blattfarbe

Die Blattfarbe kann nach Ernährungs- und Besonnungszustand deutlich variieren. Dennoch besitzen die meisten Arten eine typische Laubfarbe, die man grob in vier Klassen einteilen kann. Die Anwendung des Merkmals ist nicht immer sicher und oft nur mit etwas Erfahrung anwendbar.

Blattgestalt, Blattspreite Textur

Die Oberfläche der Grasblätter ist strukturiert. Man erkennt dies besonders gut, wenn man ein Blatt gegen das Licht hält. Dann sieht man mehr oder weniger grüne, mitunter weißlich durchscheinende Streifen, die sich mit der normalen Blattfarbe abwechseln. Es handelt sich dabei um Gelenkzonen, die für Faltprozesse wichtig sind, und/oder es sind Versteifungsgewebe (Sklerenchym), die die mechanische Stabilität beeinflussen. Je nach Anordnung dieser an Blattgrün armen Hilfsgewebe kann man verschiedene Blatttypen unterscheiden. Die Bestimmung des Merkmales ist normalerweise einfach, setzt in manchen Fällen aber den Einsatz einer Lupe voraus.

Standorte, Biotope

Die meisten Arten haben eine spezifische Biotopbindung. So kommen typische Wiesengräser nur ausnahmsweise im Wald vor und sind dann Anzeiger zuvor erfolgter (und meist noch offensichtlicher) Störungen. Ähnliches gilt für die kurzlebigen Ruderalarten, die normalerweise nicht in konsolidierte Vegetation eindringen. Nach praktisch allen Richtungen gibt es aber auch Unschärfen. So können manche Arten, die eigentlich typisch sind für lichte Wälder trockener Kalk-Standorte, sogar in räumlich benachbarte Hochmoore eindringen. Und auf Ruderalstandorten ist so ziemlich alles möglich. Wenn man benachbarte Biotope im Auge hat und die Anpassungsfähigkeit vieler Arten berücksichtigt, kann das Standortsmerkmal die Bestimmung dennoch unterstützen.

Standorte, Böden

Manche Grasarten haben strenge standörtliche Vorlieben, andere kommen anscheinend mit jedem Boden zurecht. Die Kenntnis des Standortes kann die Auswahlmöglichkeiten einschränken. Bezüglich der Merkmalsgüte gilt im Grunde das gleiche wie bei den Biotopen.

Gattung auswählen und Spezialschlüssel

Kennt man die Gattung, so kann man entweder über "Systematik" oder über die Auswahl der Gattung unter "Bestimmung" die Zahl der angezeigten Arten eingrenzen. Bei größeren Gattungen, wie Festuca oder Bromus, reduziert sich dann die Zahl der Merkmale, so dass man hier recht zügig zu einer Eingrenzung der Möglichkeiten kommt. Für Gattungen mit bestimmungskritischen Sondermerkmalen gibt es auch Spezialschlüssel.

Blätter, Festuca

Bei aller scheinbaren Einfachheit bieten die dünnen Blätter der Schwingel-Arten wichtige Unterscheidungsmerkmale, die aber oft einer mikroskopischen Präparation bedürfen. Hierzu werden mit einer Rasierklinge dünne Querschnitte hergestellt und im Durchlicht-Mikroskop betrachtet. Charakteristisch ist neben der Zahl der Furchen/Rippen auf der Oberseite, die Zahl der Leitbündel und die Anordnung der (im Durchlicht weißen) Sklerenchymstränge. Die Merkmale gelten als zuverlässig, setzen aber eine entsprechende technische Einrichtung und Präparationsgeschick voraus.

Die für den Schlüssel herangezogenen Merkmale besitzen eine unterschiedliche Güte, worauf jeweils am Ende des Absatzes hingewiesen wird. Viele Arten können zudem unterschiedliche Ausprägungen eines Merkmales besitzen. In diesen Fällen sind sie unter allen bekannten Alternativen verschlüsselt.

Häufigkeit

Befindet man sich an einem normalen Standort, also nicht gerade an Felsen, in einem Moor oder an anderen Stellen, wo "Seltenheiten" zu erwarten wären, so kann es sinnvoll sein, die Auswahl zunächst auf häufige und weit verbreitete Arten zu beschränken. Wird man hier nicht fündig, so kann man die Suche auf seltenere Arten ausweiten (indem man bei diesen Auswahlfeldern keine Einschränkungen vornimmt).

Verbreitung in Baden-Württemberg

Nicht alle Arten sind aus jedem Teil von Baden-Württemberg bekannt (Neuentdeckungen sind aber möglich). Es ist dementsprechend sinnvoll, wenn man z.B. bei einer Pflanze vom Oberrhein die ausschließlich im Hochschwarzwald oder Voralpenland vorkommenden Arten ausblendet. Die Steckbriefe sind mit einer Karte der bekannten Verbreitung versehen, was zur Plausibilitätskontrolle herangezogen werden kann.

Blütenstand

Die Blüten der Sauergrasfamilien sind sehr unterschiedlich: die der Binsengewächse (Juncaceae) sind zweigeschlechtlich und besitzen eine vollständige Blütenhülle, die dem Schema der Lilienblütigen weitgehend entspricht. Bei den Blüten der eigentlichen Sauergräser (Cyperaceae) ist die Blütenhülle auf Borsten reduziert oder fehlt ganz. Im einfachsten Fall sind sie ungestielt und eingeschlechtlich, bestehen also nur aus (einem) Fruchtknoten, bzw. (drei) Staubblättern und einem spelzigen Tragblatt. Sie sind dann in unverzweigten, zapfenartigen Blütenständen zusammengefasst, die der Einfachheit halber auch hier als Ähren oder Ährchen bezeichnet werden. Die Ährchen können dann ihrerseits in einfacheren oder komplexen Blütenständen angeordnet sein. Bestehen die Blütenstände aus vielen, kleinen Ährchen oder (z.B. bei manchen Binsen) aus Einzelblüten, so wirken diese Blütenstände rispenartig. In ihrer besonderen, für Sauergräser typischen Ausbildung, werden diese Blütenstände als Spirren bezeichnet. Bei der Gattung Carex, den Seggen, werden männliche und weibliche Blüten in unterschiedlichen Ähren gebildet oder sind auf unterscheidbare Segmente der selben Ähre beschränkt. Im letzteren Fall sehen die Ähren eines Stängels (abgesehen von der Größe) alle +/- gleich aus, im ersteren Fall kann man deutlich zwischen den meist endständigen Pollenähren und den Fruchtähren unterscheiden. Praktisch werden hier vier Typen unterschieden, nämlich Sauergräser mit offensichtlich nur einer (endständigen) Ähre, solche mit gleichgestalteten und solche mit verschieden gestalteten (rein männlichen oder rein weiblichen) Ähren. Eine zusätzliche Kategorie sind die Spirren-Sauergräser, mit komplexen (rispenartigen) Infloreszenzen aus Einzelblüten oder wenigblütigen Ährchen. Die Zuordnung zu einer dieser Gruppen ist meist einfach. Wer sich übrigens für die tatsächlichen morphologischen Verhältnisse interessiert, wird z.B. in der Arbeit von Molina & al. (2012) fündig.

Wuchsform, Lebenszyklus/Ausläuferbildung

Die Wuchsform bei Gräsern beschreibt die Anordnung der Triebe. Die Triebe können dabei büschelig oder einzeln und/oder am Ende von Ausläufern stehen. Dichte Büschel mit Blättern und Halmen werden als Horste bezeichnet. Außerdem spielt eine Rolle, ob die Pflanzen einjährig (annuell) sind, also alle Triebe Blütenstände hervorbringen und die Pflanze mit der Fruchtreife abstirbt (wie bei den Getreidegräsern) oder ob die Pflanze neben den Blühhalmen stets auch (überwinternde) sterile Triebe besitzt (wie bei vielen Wiesengräsern). Viele Arten bilden bei der Ansiedelung, z.B. auf einem Brachgrundstück zunächst Büschel und bilden dann erst, abhängig von Bodeneigenschaften und Witterung mehr oder weniger lange Ausläufer. Man sollte im Zweifel mehrere Pflanzen anschauen und das Alter des Bestandes sowie mögliche Einflüsse der Mahd (begünstigt Rasenbildung) oder Brache (begünstigt Horstwachstum) berücksichtigen. Dementsprechend ist die Anwendung des Merkmals nicht immer sicher und oft nur mit etwas Erfahrung anwendbar.

Wuchshöhe

Die individuelle Wuchshöhe ist sehr variabel und hängt z.B. vom Ernährungszustand, der Witterung und vielen anderen äußeren Faktoren ab. Dennoch variieren die Arten innerhalb eines gewissen Bereiches. Hierfür sind die überwiegenden Verhältnisse eines Bestandes blühender oder fruchtender Pflanzen heranzuziehen. Bei Trockenheit, außerhalb der Hauptblütezeit, Bodenverdichtung etc. kann die typische Wuchshöhe erheblich unterschritten werden, und es gibt Arten, z.B. die Hühnerhirse, die von niederliegend (in Pflasterritzen) bis übermannshoch (am Rand vom Maisfeld) alle Größenklassen bedienen. Dementsprechend ist die Anwendung des Merkmals nicht immer sicher und oft nur mit etwas Erfahrung anwendbar.

Blattgestalt, Blattspreite Querschnitt

Die Blattgestalt, insbesondere die Blattspreite bietet eine Reihe gut erkennbarer Merkmale. Im Extremfall ist das Blatt so schmal (gefaltet oder eingerollt), dass es ohne Lupe borstlich oder haarähnlich erscheint. Die meisten Gräser haben aber ausgebreitete, lineal- oder schwertartige Blätter mit deutlich erkennbarer Ober- und Unterseite. Hilfreich für die Bestimmung ist das Blattprofil, das sich aus dem Querschnitt ergibt. Im einfachsten Fall ist das Blatt flach und hat - ohne besondere Betonung einer Mittelrippe - ein engeres oder weiteres u-Profil. Häufiger ist es entlang einer deutlichen Mittelrippe aber gefaltet und besitzt ein v-Profil. Breitere Blätter sind zudem oft noch am Rande abgeknickt und besitzen ein m-Profil. Bei Binsen, aber auch bei manchen Cyperaceen gibt es zudem Blätter (oder blattähnliche Stängel), die im Querschnitt +/- drehrund oder oval sind. Eine eindeutige Ober- oder Unterseite ist dann nicht zu erkennen.  Die Bestimmung dieser Merkmale ist normalerweise einfach.

Blattbehaarung

Die Behaarungsmerkmale können ganz unterschiedlich ausgeprägt sein. Haare sind im offensichtlichsten Fall relativ lang (über 1mm) und wimperartig abstehend, oder sie bilden im anderen Extrem einen kaum 0,1 mm hohen dünnen Flaum. Haarlänge und Dichte sind für die folgende Zuordnung aber egal. Die meisten Sauergräser sind völlig unbehaart. Insbesondere bei Seggen bietet die Behaarung von Blättern und Blattscheiden aber ein wertvolles Merkmal. Zu beachten ist, dass die Behaarung älterer Triebe verloren gehen kann und dann z.B. auch die Behaarte Segge (Carex hirta) im Frühjahr (vor dem Neuaustrieb) nur noch kahle Blätter aufweist. Dementsprechend ist die Anwendung des Merkmals nicht immer sicher und oft nur mit etwas Erfahrung anwendbar.

Blattfarbe

Die Blattfarbe kann nach Ernährungs- und Besonnungszustand deutlich variieren. Dennoch besitzen die meisten Arten eine typische Laubfarbe, die man grob in vier Klassen einteilen kann. Die Anwendung des Merkmals ist nicht immer sicher und oft nur mit etwas Erfahrung anwendbar.

Standorte, Biotope

Die meisten Arten haben eine spezifische Biotopbindung. So kommen typische Wiesengräser nur ausnahmsweise im Wald vor und sind dann Anzeiger zuvor erfolgter (und meist noch offensichtlicher) Störungen. Ähnliches gilt für die kurzlebigen Ruderalarten, die normalerweise nicht in konsolidierte Vegetation eindringen. Nach praktisch allen Richtungen gibt es aber auch Unschärfen. So können manche Arten, die eigentlich typisch sind für lichte Wälder trockener Kalk-Standorte, sogar in räumlich benachbarte Hochmoore eindringen. Und auf Ruderalstandorten ist so ziemlich alles möglich. Wenn man benachbarte Biotope im Auge hat und die Anpassungsfähigkeit vieler Arten berücksichtigt, kann das Standortsmerkmal die Bestimmung dennoch unterstützen.

Standorte, Böden

Manche Grasarten haben strenge Vorlieben, was den Boden angeht, andere kommen anscheinend mit jedem Untergrund zurecht. Die Kenntnis des Standortes kann die Auswahlmöglichkeiten einschränken. Bezüglich der Merkmalsgüte gilt im Grunde das gleiche wie bei den Biotopen.

Gattung auswählen und Spezialschlüssel

Kennt man die Gattung, so kann man entweder über "Systematik" oder über die Auswahl der Gattung unter "Bestimmung" die Zahl der angezeigten Arten eingrenzen. Bei größeren Gattungen, wie Carex, Juncus oder Luzula reduziert sich dann die Zahl der Merkmale, so dass man hier recht zügig zu einer Eingrenzung der Möglichkeiten kommt. Für Gattungen mit bestimmungskritischen Sondermerkmalen gibt es auch Spezialschlüssel.

Spezialschlüssel Carex

Die Gattung der Seggen zählt zu den größten des Pflanzenreiches. Die Gattung selbst ist anhand ihrer speziellen Blütenmerkmale leicht zu identifizieren. Im Blütenbereich gibt es auch eine Reihe von Sondermerkmalen, die bei der Bestimmung hilfreich sind. Das ist insbesondere die Hülle der weiblichen Blüten, bzw. Früchte. Was bei den Seggen wie Früchte oder Samen aussieht sind tatsächlich komplexe Gebilde. Eine schlauch- oder flaschenartig gestaltete Hülle (eigentlich ein Tragblatt) umgibt dabei die einsamige Nussfrucht, von der nur die Narbenäste (2 oder 3) aus einer Öffnung am Ende herausragen. Diese Fruchthülle (auch Schlauch oder Utriculus genannt) ist charakteristisch gestaltet, behaart oder schnabelartig verlängert. Von den Merkmalen des vegetativen Bereichs sind z.B. die Blattbreite oder bestimmte Färbungen der Niederblätter und des Blattgrundes (in Bodennähe) wertvoll.

Spezialschlüssel Luzula

Die Hainsimsen sind als Gattung leicht anzusprechen. Schwieriger kann es sein, die Artengruppen auseinander zu dröseln. Insbesondere die Verwandtschaft der Feld-Hainsimse (Luzula sect. Luzula) führt einen hier vor größere Probleme, da es (vor allem bei alpinen Formen) erhebliche Merkmals-Überlappungen gibt. Zur sicheren Bestimmung ist es daher meist notwendig auch die Steckbriefe aufmerksam zu lesen und evtl. noch weitere Spezialliteratur hinzuzuziehen. Vor allem Nachweise „interessanterer“ Arten, wie Luzula congesta, L. sudetica oder L. divulgata sollten sehr gut belegt sein.

Spezialschlüssel Juncus

Die Binsen bieten ebenfalls besondere Merkmale, wozu etwa die Oberfläche der Blätter herangezogen werden kann. Die kann nämlich glatt (und glänzend) sein oder auch fein gerillt (und daher matt). Das Innere der Blätter ist bei den größeren Arten mit einem watteartigen, weißlichen Parenchym gefüllt. Diese Ausfüllung ist aber nicht immer homogen. Bei manchen Arten sind die Blätter durch Scheidewände im Abstand einiger Milimeter bis Zentimeter quer gekammert, was mitunter (vor allem getrocknet) von außen sichtbar, in jedem Fall aber fühlbar ist, wenn man die Blätter zwischen den Fingern durchstreift. Weitere Merkmale bieten Blüte und Frucht, wobei eine Lupe die Beurteilung von Form und Länge der Blütenorgane erheblich erleichtert.

Hybriden

Sauergräser, insbesondere die Vertreter der Gattung Carex gelten als chronisch hybridisierungsfreudig, und häufig sieht man in diesem Umstand auch eine Ursache für die (vermuteten) allgemeinen oder eben persönlichen Bestimmungsprobleme. Tatsächlich sind Hybriden auch bei Carex selten und machen nur einen verschwindenden Bruchteil der Populationen aus. Es stimmt aber auch, dass selbst wenig ähnliche Arten, wie Carex paniculata und Carex remota Hybriden bilden können. Erst recht gilt das für Arten derselben Sektion (z.B. innerhalb sect. Phacocystis). Längst nicht alle publizierten Hybriden gibt es aber auch wirklich. In der Regel wird man die Hybriden als Einzelpflanzen unter den Eltern finden. Ausläuferbildende Hybriden können aber auch Reinbestände ausbilden. Mitunter sind fertile Hybridisierungen auch der Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Arten, wie z.B. Carex pseudobrizoides (sect. Ammoglochin), die aus einem Hybrid aus Carex arenaria und C. brizoides hervorgegangen ist. Man erkennt Hybriden an der intermediären Merkmalsausprägung und bezeichnet sie mit einer Hybridformel, z.B. Carex paniculata x remota. Manchmal wurden hier auch ganz neue Namen kreiert, wie im vorstehenden Fall Carex x boenninghauseniana. Diese alternative aber durchaus zulässige Verwendung solcher Hybridnamen maskiert aber die wertvollere Information, welche Arten im speziellen Fall interagiert haben. Mitunter (auch in „Standardlisten“) wird das „x“ auch weggelassen, was dann ganz irreführend wäre und eigentlich nur zulässig ist, wenn sich fertile Hybriden bereits als Arten stabilisiert haben, wie eben C. pseudobrizoides, keinesfalls aber bei den immer wieder unabhängig auftretenden Primär-Hybridisierungen.

Unter "Systematik" werden die Arten in ihrem verwandtschaftlichen Kontext dargestellt. Wir beginnen hier mit der Ordnung, zu der die Familien der Süßgräser (Poaceae) und Sauergräser (Cyperaceae und Juncaceae) zählen, nämlich der Ordnung der Poales (Grasartige). Neben den Poaceen finden Sie hier die Merkmale ähnlicher, grasartiger Vertreter, wie der Rohr- und Igelkolben (Typhaceae) aber auch beispielhafte Portraits exotischer Vertreter.

Die Systematik ordnet die Gräser (und andere Organismen) nach ihren Eigenschaften in ein handhabbares System ein. Seit Darwin ist dabei eigentlich klar, dass das "Natürliche System" eine Abbildung der Evolution und der natürlichen Verwandtschaftsverhältnisse sein soll. Im Gegensatz etwa zu Linne´s künstlichem "Sexualsystem" besitzt die verwandtschaftsbasierte Herangehensweise den Vorzug, eine stabile Grundlage zu besitzen. Denn es gibt nur eine Verwandtschaft, aber bestimmt viele informelle, aber gleichwohl künstliche Möglichkeiten eine systematische Ordnung zu schaffen. In jedem Fall besteht ein System aber aus einer überschaubaren (und erlernbaren) Zahl von Kategorien. Beim Natürlichen System werden diese Kategorien zunächst an Merkmalen ausgerichtet, die mit dem Verwandtschaftsgrad korrelieren. Sekundär spielt auch ein psychologisches Moment eine große Rolle, nämlich ob man diese Merkmalssets auch erkennen und reproduzierbar beschreiben kann. Das sind für unseren Zweck insbesondere die Familien, Gattungen und Arten, wobei mit höheren Kategorien die Merkmale zunehmend abstrakter werden.

Die grundlegende Einheit ist jedenfalls die "Art". Für diese gibt es verschiedene, oft wortreiche Definitionen. Grundsätzlich handelt es sich dabei um eine Gruppe von Individuen oder Populationen mit gemeinsamer und von anderen Arten (weitgehend) unabhängiger Genealogie und (nach menschlichen Maßstäben) eindeutig und reproduzierbar beschreibbaren Eigenschaften. Die potenzielle Interfertilität der Individuen spielt bei Pflanzen eine nur untergeordnete Rolle, da sie von +/- temporären Effekten wie Polyploidisierung, Apomixis, Arealfragmentierung oder komplexen Inkompatibilitäts­phänomenen überlagert werden kann. Es ist außerdem klar, dass jenseits benannter Kategorien die Diversität der Merkmalsstrukturen keinesfalls zu Ende ist. Es macht aber auch keinen Sinn, alle irgendwie als morphologisch fassbar erscheinende Gruppen zu benennen, zumal es auf ähnlicher genealogischer Ebene auch häufig nicht hinreichend abgrenzbare Populationen gibt.

Die Merkmale, die für die Abgrenzung herangezogen werden, sind traditionell gestaltlicher Natur und mit Bezug auf den Artbegriff oft schon intuitiv erfassbar. Das gilt zumindest für die jeweils lokale Flora. Für graduelle Abwandlungen derselben Art über Floren hinweg (z.B. Mitteleuropa-Ostasien, Rhein-Donau) wurde als infraspezifische Kategorie die Unterart eingeführt. Augenfällig abweichende Populationen oder Individuen können als "Varianten" ebenfalls benamt werden.

Grundsätzlich versucht die Systematik damit die Vielfalt in einem natürlichen System abzubilden, wobei dies nach heutigem, verbreitetem Konsens ein evolutionär-genealogisches System nach dem Stammbaumprinzip ist. Man spricht hier auch von einem "Phylogenetischem System".

Die Methoden sich diesem anzunähern, haben sich dabei durchaus gewandelt, was sich nicht zuletzt in der Zahl der Synonyme widerspiegelt. Nach einer eher intuitiven Frühphase wurden die Systeme - ohne die Kategorien grundsätzlich zu ändern - im 20. Jahrhundert durch detaillierte Spezialuntersuchungen von Einzelmerkmalen nicht selten erheblich modifiziert, was unter anderem zu Neubeschreibungen diverser Gattungen führte. Oft genug schoss diese Vorgehensweise dann auch über das Ziel hinaus: So wurden selbst offensichtlich nächstverwandte Arten wie Convolvulus arvensis und Convolvulus sepium nur aufgrund von (grundsätzlich recht plastischen) Pollenmerkmalen in unterschiedliche Gattungen dividiert. Ende des 20. Jh. wurde diese autoritative Methode durch den Fortschritt der Computertechnik um statistische Verfahren (Kladistik) ergänzt, die nicht nur vorurteilslos mehrere Merkmale erfassen, sondern diese auch unterschiedlich gewichten können. Seit den 90´er Jahren wurde mit der Möglichkeit, über den "genetischen Fingerabdruck" die genealogische Seite unserer Konzepte von Kategorien umfassend abzuklären, der entscheidende Durchbruch hin zu einer stabileren Klassifikation und Nomenklatur erzielt.

Die Behandlung von Sippennamen in den Bestimmungsfloren bleibt allerdings (speziell in Deutschland) oft um Jahrzehnte hinter dem aktuellen Kenntnisstand zurück. Häufig verwendete Namen ältere Klassifikationsansätze sind in den Steckbriefen unter den Synonymen angegeben.

Maßgeblich für die hier vorliegende Bearbeitung ist die von einer internationalen Gemeinschaft führender Systematiker herausgegebene Übersichten "Soreng et al. (2015) A worldwide phylogenetic classification of the Poaceae (Gramineae). Journal of Systematics and Evolution 53.2: 117-137" und z.B. die Arbeiten der „Global Carex Group“. Für das Allgemeine ebenfalls wertvoll ist auch die folgende Arbeit: Kadereit, Joachim W., et al. "Which changes are needed to render all genera of the German flora monophyletic?" Willdenowia 46.1 (2016): 39-92.

In der floristischen Literatur gibt es eine breite Diskussion über Sinn und Unsinn der Verwendung von Autorennamen, ob z.B. „Carex praecox Schreb.“ oder nur „Carex praecox“ die richtige Schreibweise ist. Tatsächlich ist der wissenschaftliche Pflanzenname nur zweiteilig und besteht aus dem Gattungsnamen und dem nachgestellten Art-Epitheton (als Adjektiv oder Attribut). In einem gegebenen regionalen und zeitlichen Kontext ist diese Bezeichnung meist eindeutig, insbesondere wenn es korrespondierende „Standardfloren“ oder „-listen“ gibt, die den Namen mit einer Diagnose verknüpfen. Leider funktioniert das „Standardflora-Prinzip“ nicht, wofür es verschiedene Gründe gibt. Der wichtigste ist, dass schon seit dem 19. Jh. das „Typusprinzip“ gilt. Schwierig wird es vor allem dann, wenn regionale Daten in umfassendere Datenbanken einfließen sollen, z.B. in die Global Biodiversity Information Facility (GBIF). Hier muss irgendwann auch eine Verknüpfung mit den Autorennamen erfolgen, da z.B. der Name „Carex praecox“ (bisher) mindestens viermal vergeben wurde (Carex praecox Schreb., Carex praecox Pollich, Carex praecox Jacq., ….) und die Autoren auch jeweils etwas anderes meinten. „Carex muricata“ wurde mindestens 7x vergeben, „Carex nigra“ 5x, „Carex arenaria“ 8x, „Carex acuta“ 10x etc.

Autorennamen sind also wichtig und sollten möglichst schon vom Urheber eines Datensatzes integriert werden, sofern man sich nicht auf die richtige Interpretation nachfolgender Bearbeiter verlassen will.

Sonnberger, M., M. Thiv, A. Wörz (2022 ff) Naturportal Südwest, Gräser - Die Süßgräser und Sauergräser Baden-Württembergs kennenlernen und bestimmen. Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart. - https://naturportal-suedwest.de/de/graeser/

Die Bilder können in der vorliegenden Qualität (Auflösung) gemäß der Lizenz "CC by-sa 4.0" ohne Nachfrage weiterverwendet werden. Als Bildautor ist - soweit nicht anders gekennzeichnet - "SMNS, Markus Sonnberger 2019ff, CC by-sa" zu verwenden. Detailliertere Angaben zu den Bildern (Aufnahmedatum, Fundorte) sind den Metadaten (IPTC, EXIF) zu entnehmen oder können bei den Autoren erfragt werden.

Wir danken Herrn Uwe Amarell (Offenburg) für die Mitteilung von Verbreitungsangaben, Fundorten und Diskussionen zu einzelnen Arten.

Hinweise auf Fehler oder Ergänzungen richten Sie bitte an die Autoren. Untenstehend finden Sie die wesentlichsten Aktualisierungen der "Gräserseite" in chronologischer Abfolge.


2019, September, 15.: Freischaltung des Naturportals
2022, April, 20.: Erweiterung um die Sauergräser (Cyperaceae, Juncaceae)